Folsäure in der Schwangerschaft

Welche Auswirkung hat Folsäure auf eine Schwangerschaft?

Folsäure, bzw. Folat spielt eine wichtige Rolle im menschlichen Stoffwechsel. Aufgrund ihrer Funktion im Rahmen der Zellteilung ist Folsäure an nahezu allen Wachstums- und Aufbauprozessen im Körper beteiligt [1]. Speziell während der Schwangerschaft finden solche Prozesse im gesteigerten Maße statt, weshalb Folsäure auch als „Schwangerschafts-Vitamin“ bekannt ist. So soll dieses Vitamin im Vorfeld der Schwangerschaft die Fruchtbarkeit steigern und schweren Fehlbildungen des ungeborenen Kindes vorbeugen.

Wann ist die Einnahme von Folsäure sinnvoll?

Grundsätzlich benötigt jeder Mensch täglich eine gesunde Dosis Folsäure, bzw. Folat, genau wie bei jedem anderen Vitamin auch. Theoretisch sollte das bereits über die normale Nahrung zu bewerkstelligen sein. Jedoch reicht die alltägliche Ernährung in den meisten Fällen leider nicht mehr aus [2]. Dies kann zum einen natürlich an der falschen Ernährung liegen. Isst man zu wenig folsäurehaltige Lebensmittel, ist man schnell unterversorgt. Speziell, wenn man nur wenig Gemüse zu sich nimmt, darf man sich über einen Folsäure-Mangel nicht wundern. Aber selbst wenn man sehr auf seine Ernährung achtet und vermehrt auf folsäurehaltigen Lebensmittel zurückgreift, ist es nicht immer möglich, den wirklichen Bedarf vollständig zu decken. Das wird besonders während der Schwangerschaft, sowie unmittelbar davor und danach deutlich, wenn jungen Frauen plötzlich empfohlen wird, die anderthalbfache, oder sogar doppelte Menge Folsäure zu sich nehmen [3]. In dieser Lage stößt die Zufuhr über die normale Nahrung endgültig an ihre Grenzen und es ist nötig, auf ein Nahrungsergänzungsmittel auszuweichen.

Warum ist Folsäure wichtig für die Kinderplanung?

Wenn man plant, ein Kind zu bekommen, dann sollte die Frau bereits während dieser Phase damit anfangen, täglich 400µg Folsäure ergänzend neben dem Essen zu sich zu nehmen. Das ist notwendig, weil die Frau am besten bereits vier Wochen vor der Schwangerschaft mit der Folsäure-Einnahme beginnen sollte. Da sich ein Schwangerschaftsbeginn jedoch in den seltensten Fällen präzise planen lässt, sollte man mit der Folsäure-Einnahme bereits bei Aufkommen des Kinderwunsches beginnen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die frühe neuronale Entwicklung des ungeborenen Kindes nicht problemlos abläuft, wodurch es zu schwerwiegenden Fehlbildungen kommen kann. [4]

Wie viel Folsäure ist ratsam in der Schwangerschaft?

Generell sollte es auch ohne Schwangerschaft immer das Ziel sein, den täglichen Folsäure-Bedarf von ungefähr 400 µg zu decken. Dieser Grundbedarf ist jedoch in verschiedenen Lebensphasen zum Teil deutlich erhöht. Entsprechend müssen die Betroffenen dafür sorgen, dass ihr Körper in diesen Phasen noch mehr Folsäure bekommt. Zu diesen besonderen Lebensphasen gehören Kinderwunsch, Schwangerschaft und Stillzeit. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass Frauenärzte den werdenden Müttern empfehlen, während der Schwangerschaft noch mehr Folsäure zu sich zu nehmen. Eine häufige Empfehlung lautet, dem Körper während der Schwangerschaft ungefähr 600-800µg Folsäure zuzuführen. Je nachdem, wie viel Folsäure die Frau schon über die Nahrung aufnimmt, muss sie zum Erreichen dieser Menge auf ein Nahrungsergänzungsmittel zurückgreifen. Ein guter Richtwert sind da dabei 400µg Folsäure zusätzlich zur täglichen Ernährung. [3]

Um den gesteigerten Folsäure-Bedarf in der Schwangerschaft zu decken ist es also wichtig, seine Ernährung einschätzen zu können, sich zu informieren und genau darauf zu achten, wie viel Folsäure in den jeweiligen Lebensmitteln steckt. Wie lange man dann während der Schwangerschaft auf Folsäure-Präparate zurückgreift, sollte man am besten mit der behandelnden Frauenärztin oder dem Frauenarzt besprechen, wobei in den meisten Fällen empfohlen wird, die Einnahme mindestens für das erste Drittel der Schwangerschaft fortzusetzen.

Was, wenn man die Folsäure an einem Tag vergessen hat?

Wer einen stressigen Tag hatte und viel um die Ohren hat, kann schon mal vergessen, die tägliche Folsäure-Kapsel einzunehmen. Manchmal ist man sich auch schlicht und ergreifend nicht mehr sicher, ob man die Tablette eingenommen hat oder nicht. Ist das dann schlimm? Höchstwahrscheinlich nicht. Natürlich ist Folsäure ein wichtiges Vitamin und gerade in der Schwangerschaft von gesteigerter Bedeutung. Dennoch macht es nichts aus, wenn die Einnahme mal  für einen Tag ausbleibt. Auch wenn man vergessen hat, dass man bereits eine Kapsel zu sich genommen hat, und so versehentlich die doppelte tägliche Dosis verzehrt, ist das kein Problem. Viel wichtiger ist, dass man über den gesamten Zeitraum von Kinderwunsch, Schwangerschaft und Stillzeit im Schnitt eine angemessene tägliche Menge Folsäure zu sich genommen hat.

Wird man mit Folsäure schneller schwanger?

Diese Frage ist weder klar mit Ja noch deutlich mit Nein zu beantworten. Es gibt viele Faktoren, die eine Schwangerschaft begünstigen können. Dazu gehört sicherlich auch die Einnahme von ausreichend Folsäure oder Folat. Man geht davon aus, dass B-Vitamine wichtig für die Bildung von Östrogen und Progesteron sind. Außerdem ist Folsäure an den Prozessen der Zellteilung und des Wachstums beteiligt. Insofern ist es theoretisch schon möglich, dass eine angemessene, bzw. gesteigerte Zufuhr von Folsäure zu einem schnelleren Eintreten der Schwangerschaft beiträgt. Sicher sagen kann man das aber nicht und man kann leider auch im Nachhinein nie sicher sein, ob es nun wirklich geholfen hat. [5]

Sollte man Folsäure auch in der Stillzeit einnehmen?

Bei der Frage, ob man Folsäure während der Stillzeit nehmen soll, gehen die Meinungen auseinander. Grundsätzlich schadet die Einnahme während dieser Zeit weder Mutter noch Kind. Da in dieser Phase der Bedarf an Folsäure bei der Mutter immer noch erhöht ist, kann eine zusätzliche Einnahme von Folsäure durchaus sinnvoll sein [3]. Es gibt allerdings auch Experten und Ärzte, die eine Absetzung der Präparate nach der Geburt empfehlen. Im Zweifel sollte diese Thematik immer mit dem behandelnden Frauenarzt besprochen werden.

Wie wirkt sich Folsäuremangel bei Schwangeren aus?

Gerade zu Beginn und im ersten Drittel der Schwangerschaft finden richtungsweisende Prozesse der frühkindlichen Entwicklung statt. In dieser entscheidenden Frühphase werden wichtige Entwicklungsschritte für Nerven und Gehirn eingeleitet. Dafür ist eine ausreichende Zufuhr von Folsäure besonders wichtig. Wenn ausgerechnet in dieser Zeit ein Mangel an Folsäure vorliegt, kann es zu Störungen der neuronalen Entwicklung kommen, was zu sogenannten Neuralrohrdefekten beim Kind führen kann. Dabei kommt es zu einem unvollständigen Schluss des Neuralrohrs, aus dem sich später Gehirn und Nervensystem entwickeln sollen. Die häufigsten Formen dieses Krankheitsbildes sind der offene Rücken (Spina bifida) und die Anenzephalie. Glücklicherweise ist es möglich, das Risiko einer solchen Fehlbildung durch die konsequente Einnahme von Folsäure massiv zu reduzieren, weshalb Frauen idealerweise bereits bei aufkommendem Kinderwunsch mit der Einnahme von 400µg Folsäure täglich in Form eines Nahrungsergänzungsmittels beginnen sollten. [4]

Was für Folsäure-Präparate gibt es?

Im Internet, Apotheken und Drogerien wird mittlerweile eine Vielzahl von Folsäure-Präparaten angeboten. Diese Produkte unterscheiden sich in der Kapselzahl, der Art der Folsäure, der Dosierung und natürlich dem Preis. Während der Schwangerschaft, bzw. davor, ist es zunächst einmal wichtig, dass das Folsäure-Präparat ausreichend hoch dosiert ist. Offiziellen Empfehlungen zu Folge sollen Schwangere täglich 400µg Folsäure in Form eines Nahrungsergänzungsmittels zu sich nehmen [4]. Ein geringer dosiertes Präparat ist demnach schon mal nicht zu empfehlen. Viele Anbieter machen jedoch auch das genaue Gegenteil und bieten Präparate mit 800µg, oder sogar deutlich mehr an. Diese hohe Dosierung bietet nach aktuellem Kenntnisstand keine Vorteile und ist daher unnötig. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass große Mengen synthetischer Folsäure das Risiko bestimmter Krebsarten erhöhen [6], weswegen es sicherer ist, auf moderat dosierte Präparate auszuweichen.

Neben der Dosierung spielt die Art der Folsäure eine wichtige Rolle. Am wichtigsten ist dabei die Unterscheidung zwischen natürlichen Nahrungsfolaten und deren synthetischem Nachbau, der Folsäure. Letzte kommt eigentlich nicht in unserer Nahrung vor und muss erst im Körper „aktiviert“ werden [1]. Da dieser Vorgang nicht bei jedem Menschen gleich gut funktioniert, bieten manche Hersteller mittlerweile auch bereits „aktivierte“ Folsäure-Formen an, wie z. B. 5-Methyl-Tetrahydrofolat. Eine andere, naheliegende Methode ist es, einfach die natürlichen Nahrungsfolate in Extrakten zu konzentrieren. Diese natürlichen Folsäure-Präparate (die technisch gesehen nur Folate und keine Folsäure enthalten) haben außerdem den Vorteil, dass sie im Gegensatz zur künstlichen Folsäure nicht mit der Entstehung von Krebs in Verbindung gebracht werden [7].

Ist Folsäure für Kinder geeignet?

Folsäure könnte unter Umständen auch für Kindern sinnvoll sein. Genau wie Erwachsene haben auch Kinder einen gewissen Bedarf an Folsäure, der gedeckt werden muss. Dies sollte in der Regel durch eine gesunde, ausgewogene Ernährung zu bewerkstelligen sein. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass in besonderen Fällen eine erhöhte Dosis an Folsäure einen Zusatznutzen bringen könnte. So konnte man in einer Studie beobachten, dass autistische Kinder nach der Einnahme von 400µg Folsäure täglich über drei Monate weniger Autismus-Symptome zeigten, als die Kinder in der Kontrollgruppe ohne Folsäure. Die Forscher schlossen daraus, dass Folsäure die Entstehung und Ausprägung von Autismus beeinflussen könnte. [8]

Dennoch sollte man bei Kindern mit Nahrungsergänzungsmitteln immer vorsichtig sein. Wie bei Medikamenten, sollten auch Nahrungsergänzungsmittel generell fern von kleinen Kindern gehalten werden. Sie können meist nicht selbst einschätzen, was sie brauchen und sollten Nahrungsergänzungsmittel wenn überhaupt nur unter Aufsicht eines Erwachsenen einnehmen. Ziehen Eltern also eine gezielte Einnahme von Folsäure-Produkten in Erwägung, um den Folsäure-Spiegel des Kindes zu erhöhen, so sollten sie das in jedem Fall zunächst mit dem behandelnden Arzt absprechen. Nur dann kann abschließend beurteilt werden, ob das Kind von einer gesteigerten Folsäure-Einnahme profitieren könnte.

Quellen:

[1] www.vitalstoff-lexikon.de/index.php?subcatid=446&mode=listarticles

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Folsäure

[3] EFSA: Dietary Reference Values for nutrients Summary report

[4] Bundesinstitut für Risikobewertung, 2014. Jod, Folat/Folsäure und Schwangerschaft. https://bfr.bund.de/cm/350/jod-folat-folsaeure-und-schwangerschaft.pdf

[5] Chiu, Y.-H., Chavarro, J. E., & Souter, I. (2018). Diet and female fertility: doctor, what should I eat? Fertility and Sterility. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30196938

[6] Pieroth, R., et al., 2018. Folate and Its Impact on Cancer Risk. Current Nutrition Reports. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30099693

[7] Stolzenberg-Solomon, R. Z., Chang, S.-C., Leitzmann, M. F., Johnson, K. A., Johnson, C., Buys, S. S., … Ziegler, R. G. (2006). Folate intake, alcohol use, and postmenopausal breast cancer risk in the Prostate, Lung, Colorectal, and Ovarian Cancer Screening Trial. The American Journal of Clinical Nutrition, 83(4), 895–904.

[8] Sun, C., et al., 2016. Efficacy of Folic Acid Supplementation in Autistic Children Participating in Structured Teaching: An Open-Label Trial. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27338456